Eisenbahn

Die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft (MHE) nahm am 01.03.1869 den Verkehr auf der Strecke Halberstadt-Vienenburg auf, im Norden Wasserlebens entstand im späteren Ortsteil Odorf ein Bahnhof, der erste in der Grafschaft Wernigerode1).

nach Odorf

 

Bahnhof gleisseitig mit Signalmast um 1885 (Foto, Privat)
Bahnhof gleisseitig mit Rangierlokomotive um 1890 (Foto, Privat)
Abbildung 3: Bahnhof straßenseitig nach 1900 (Postkarte, Privat)

In einem nicht weiter gekennzeichneten Zeitungsartikel beschrieb 1958 der damalige Ortschronist Wilhelm Heise die Kindheitserinnerungen seines Vaters an den Bau der Strecke2).                                                                                         

zum Zeitungsartikel

 

Anfangs verkehrten drei Zugpaare über den Bahnhof Wasserleben, von Halberstadt kommend nach Vienenburg morgens um 6:47 Uhr, mittags um 12:17 Uhr und abends um 7:17 Uhr, und von Vienenburg kommend nach Halberstadt morgens um 8:16 Uhr, mittags um 1:54 Uhr und abends um 8:51 Uhr. Der erste Fahrplan wurde nicht im Wernigeröder sondern im Halberstädter Intelligenzblatt veröffentlicht und war ziemlich schwer zu lesen3).                                     

zum Fahrplan Cöthen-Vienenburg 1868

 

Nachstehende Anzeige vom 06.03.1869 im Wernigeröder Intelligenzblatt verdeutlicht  die Bedeutung des Wasserleber Bahnhofes für die Grafschaft Wernigerode.

Bekanntmachung

Die Strecke Halberstadt-Vienenburg verband das Streckennetz der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft mit dem der Herzoglich Braunschweigischen Staatseisenbahn. Es entstand so eine zweite durchgehende Eisenbahnverbindung zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin bzw. Mitteldeutschland4).                       

zur HBS

Vor dem Zweiten Weltkrieg erreichte die Zugdichte dann ihren Höhepunkt.

                 zum RB-Fahrplan 1939

12.05.1882

Die Osterwieck-Wasserlebener Eisenbahn-Gesellschaft AG (OWE) eröffnete am 12.05.1882 die Verbindung Wasserleben-Osterwieck als ersten Abschnitt ihres Streckennetzes. Der zweite Abschnitt Osterwieck-Hornburg kam erst 26 Jahre später dazu5).

 

Bahnhof und Zuckerfabrik in den 1930-er Jahren (Luftbild Heise-Chronik)

 

 

 

Auf einem Luftbild aus den 1930er Jahren ist die gesamte Gleisanlage des Bahnhofes gut zu erkennen6).

 

Nach 1945 wurde die Strecke von Halberstadt bis zur Zonengrenze auf ein Gleis zurückgebaut und der Verkehr nach Vienenburg in den folgenden Jahren gänzlich eingestellt. Die Zustände an der Grenze beschrieb Heise in seiner Chronik sehr anschaulich7).                                                                  

zum Zugverkehr nach 1945

 

Doch fast wäre die Strecke, zumindest teilweise, erhalten geblieben8). Denn laut Beschluss der Konferenz der Transportverantwortlichen der britischen, amerikanischen und russischen Besatzungsmächte vom Oktober 1947 sollten über den Übergang Vienenburg in Richtung Halberstadt, also über Wasserleben, täglich drei Züge mit Kohle für die Sowjetzone und in entgegengesetzter Richtung drei Züge mit Briketts für die Westzonen abgefertigt werden. Dazu kam es allerdings nicht, weil der Halberstädter Bahnhof noch weitgehend zerstört und nicht aufnahmefähig war.

 

Postkarte zum 100. Jubiläum
Postkarte zu 100. Jubiläum

An das hundertjährige Jubiläum erinnert eine Sonderpostkarte mit Sonderstempel. Da damals in der DDR jeder gesamtdeutsche Bezug staatlicherseits unerwünscht war, wurde von der Reichsbahn nur der halben Strecke gedacht, die ja bekanntermaßen nicht von Halberstadt nach Wasserleben sondern von Halberstadt über Wasserleben nach dem niedersächsischen Vienenburg verlief.

 

Traurig ging das Kapitel Eisenbahn zu Ende, 2002 verkehrte der letzte Schienenbus. Der Fahrplan war nicht mehr der Rede wert.

zum letzten Schienenbus

zum letzten Fahrplan

 

Hans Hermann Saatze u. H.-G. Krasberg 2012

ergänzt 2021

 


Quellen und Literatur

1) Halberstädter Intelligenzblatt, Nr. 41 vom 26.02.1869: Fahrplan Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn

2) Heise, Wilhelm: Chronik des Dorfes Wasserleben, handschriftlich, unveröffentlicht, 4 Bde., Wasserleben, 1964, Bd. 4, S. 193

3) Halberstädter Intelligenzblatt, Nr. 42 vom 28.02.1869: Fahrplan Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn

4) zur Geschichte der Bahn siehe: Endisch, Dirk: Die Strecke Halberstadt–Vienenburg, Stendal, 2009

5) zur Geschichte der OWE siehe: Wolff, Gerd: Deutsche Klein- u. Privatbahnen, Bd. 11, Niedersachsen, Teil 3, ohne Ort, 2009

6) Heise, Wilhelm: Chronik des Dorfes Wasserleben, handschriftlich, unveröffentlicht, 4 Bde., Wasserleben, 1964, Bd. 3, S. 57

7) ebd., S. 28 f

8) Bock, Peter: Interzonenzüge, Eisenbahnverkehr im geteilten Deutschland, 2007, S. 17 f